Trebsen. Reif für die Insel? Ein paar Schritte durch Brennnesseln
genügen, um vom Trebsener Schlosspark auf die neu entstandene Halbinsel
zu hüpfen. Kein Geringerer als Heimatfreund Siegfried Nowak, einstiger
Flussmeister, entdeckte das Insel-Hopping gestern für sich. Wie bereits
einige Trebsener vor ihm äußerte auch er sich begeistert: "Die
Muldelandschaft ist jetzt noch schöner als vor der Flut."
Das Wildwasser 2002, so Nowak, sei die Ursache für das wundersame
Auftauchen jenes Eilands: "Bei der Flut hatten wir in Golzern neun Meter
Wasserstand. Zum Vergleich: Aktuell sind es 118 Zentimeter. Pro Sekunde
strömten damals 2500 Kubikmeter Wasser. Durch diese enormen Kräfte
geriet natürlich auch jede Menge Kies in Bewegung. Da sich die Aue
hinterm Schlosspark weitet, wurde die stürmische Mulde in diesem Bereich
langsamer. Der mitgeführte Kies setzte sich ab - und zwar auf jener
Sandbank, die in Trockenperioden schon immer mal zum Vorschein kam." Nowak
erinnerte an ähnliche sogenannte Kiesheger in Grimma, Wurzen oder
Leisnig, die sich alle unterhalb der Wehre bildeten. "Das ist meistens
so."
Spaziergänger Nowak staunte über die gigantischen Naturgewalten,
die am Trebsener Park geherrscht haben müssen: "Die Mulde hat ein
Gedächtnis. Sie weiß genau, wo sich mal ihr Flussbett befand.
Und so suchen sich Flüsse bei Hochwasser den Weg des geringsten Widerstands."
Das sei auch ein Grund dafür, weshalb die Straße auf der Neichener
Seite völlig zerstört wurde - die Muldebrücke aber stehen
blieb: "Das meiste Wasser scherte sich nicht um die Linkskurve, sondern
strömte rechts an der Brücke vorbei und leistete unterhalb der
Lindenallee ganze Arbeit."
Bis zu 25 Meter tief fraß sich die Mulde in die Uferböschung.
Zurück blieben ein Steilufer und entwurzelte Bäume. "Fortan war
sogar die Lindenallee als architektonische Hauptachse des Schlossparks
gefährdet", erinnerte sich Uwe Bielefeld, der damalige Schlossherr.
Es sei besonders Bielefelds Einsatz zu verdanken, dass der Uferbereich
abgeflacht und mit Wasserbausteinen gesichert wurde, sagte Nowak. Bielefeld
witzelt: "5880 Quadratmeter Schlosspark gingen damals den Bach runter.
Trebsen ist genau um diese Fläche kleiner geworden, da die entstandene
Halbinsel dem Freistaat gehört - es handelt sich in gewisser Weise
um eine Gebietsreform ohne Ratsbeschluss und Bürgerbegehren."
Nowak entdeckte auf der Halbinsel, länger als ein Fußballfeld,
sogar einige Muscheln. Wie durch ein Wunder sei das rechte Muldeufer völlig
unbeschadet geblieben: "Schauen Sie, dort drüben mündet das Mutzschener
Wasser in die Mulde. Eben noch passierte es die Fasanerie, so nennen wir
den kleinen Urwald." Möge das Idyll auch weiter eine Robinsoninsel
bleiben, auf die sich höchstens noch Freitag verläuft. Denn auch
Vögel nutzen solche Rückzugsplätze gern zum Brüten.
Also kein Ort für Partys! Haig Latchinian
Siegfried Nowak: Die Mulde hat ein Gedächtnis. Sie weiß genau, wo sich mal ihr Flussbett befand.
Es lebe die Stille: Der einstige Flussmeister Siegfried Nowak besuchte
gestern die vorm Schlosspark neu entstandene Halbinsel.
Foto: Haig Latchinian
Diese Seite ist entstanden zum Geschichtslexikon weil auf dem Foto das Rittergut mit Kirche von Nitzschka zu sehen ist.
LVZ Muldental 23. Juli 2010